Stromeffizienz im Rechenzentrum: Potenziale und Massnahmen
Diese Studie im Auftrag des Bundesamts für Energie zeigt klar: Der grösste Hebel für weniger Stromverbrauch im Rechenzentrum liegt in der IT selbst – nicht nur in der Infrastruktur. Wer Serverlast bündelt, Speicher intelligent nutzt und Backups passend dimensioniert, kann die IT-Leistung deutlich sparsamer betreiben. Ergänzend bringen Gleichstrom-Verteilung sowie Direktkühlung weitere signifikante Vorteile.
Ausgangslage: Strom frisst vor allem Server und Storage
In einem referenzierten Rechenzentrum (52 physische Server, 381 VMs, Ø 25,2 kW IT-Leistung) entfielen nach Plausibilisierung rund 47,8 % auf Server, 24,7 % auf Storage, 15,3 % auf Netzwerk und 12,2 % auf Backup. Heisst: Jeder Effizienzgewinn bei Servern und Storage wirkt übers gesamte System besonders stark.
Hebel 1 – Virtualisierung & Konsolidierung: Mehr Auslastung, viel weniger Strom
Viele Server laufen dauerhaft mit sehr tiefer Auslastung. Durch Virtualisierung lassen sich Lastspitzen zusammenlegen und Leerlauf vermeiden. Die Studie dokumentiert Praxiswerte bis zu 96 % Stromeinsparung im Serverbereich – je nach Ausgangslage und Architektur.
Ein Fallvergleich zeigt: 29 physische x86-Server versus eine virtualisierte POWER7+-Plattform mit 2 physischen Hosts. Ergebnis: −38 % elektrische Leistung auf der Serverplattform – bei gleichzeitig deutlich tieferen Betriebs- und Personalkosten über 3 Jahre (TCO-Vergleich).
Hebel 2 – Storage modernisieren: SSD/Flash, Thin Provisioning & Deduplizierung
Rotierende HDDs kosten viel Energie – insbesondere wenn sie fürs I/O-Leistungsziel in Massen installiert werden müssen. Drei Massnahmen zahlen sich aus:
1) Effizientere Medien (SSD/Flash): In einem 40-TB-Vergleich liefert eine Flash-Lösung bei gleicher Nutzkapazität rund 22-fach mehr IOPS, 20-fach bessere Antwortzeiten – und benötigt nur etwa ein Drittel der Leistung (ca. 625 W statt 1’875 W).
2) Kapazität intelligenter nutzen: Mit Thin Provisioning wird Kapazität erst bereitgestellt, wenn sie tatsächlich gebraucht wird. Kombiniert mit Deduplizierung sinkt die Zahl aktiver Laufwerke – und damit der Strombedarf.
3) Praxis-Setup (Highend-Storage): Eine Basis-Konfiguration mit ca. 870 Disks verbrauchte rund 10’500 W. Durch Umstieg auf SSDs und Kapazitätsoptimierung sank dies auf 3’000 W (−72 %) – bei entsprechend angepasster Zielkapazität.
Merksatz: Je höher die I/O-Anforderungen, desto grösser der Flash-Vorteil – oft ein Faktor ~10 weniger Energie gegenüber klassischen HDD-Feldern.
Hebel 3 – Backup richtig dimensionieren: Tape senkt Last drastisch
Diskbasierte Backups sind schnell, aber energiehungrig. Bandbasierte Systeme eignen sich, wenn Daten nicht permanent online sein müssen. Im dokumentierten Beispiel sank die Leistungsaufnahme von ca. 6’960 W (diskbasiert) auf 400 W (bandbasiert) – −94 %. Selbst mit Dedupe/Kompression bleibt der relative Vorteil ähnlich deutlich.
Gleichstrom statt Wechselstrom: Weniger Verluste in der Verteilung
Ein erstes DC-Rechenzentrum zeigte gegenüber AC-Verteilung eine um bis zu 17 % effizientere Stromumwandlung. Der Effekt kommt zusätzlich zu den IT-Hebeln – er ersetzt sie nicht.
Kühlung & Abwärme: Direktkühlung und Wärmenutzung
Direktkühlung mit Flüssigmedien kann die gesamte Energieaufnahme eines Rechenzentrums um bis zu 40 % senken. Mit Hochtemperaturkühlung (z. B. 56 °C Vorlauf) lassen sich Kältemaschinen teilweise einsparen; die Abwärme kann mit Wirkungsgraden bis zu 84 % genutzt werden – ideal in Kombination mit Wärmenutzern am Standort.
Gesamteffekt: IT spart bis zu 50 % – und entlastet die Infrastruktur gleich mit
Kombinierst du Virtualisierung/Konsolidierung, moderne Storage-Technologien und ein passendes Backup-Konzept, sind bis zu 50 % weniger Strom für die IT-Hardware realistisch. Nebenbei fallen Umwandlungs- und Kühlverluste ebenfalls deutlich – oft in einer ähnlichen Grössenordnung.
Quick-Check: So gehst du vor
1) Serverlandschaft analysieren: Auslastung messen, Virtualisierungsgrad und Konsolidierungspotenzial bestimmen. Architektur und Supportvorgaben (Hersteller) mitdenken.
2) Storage neu denken: I/O-Profil und Datenwachstum prüfen; Flash-Anteil erhöhen; Thin Provisioning und Deduplizierung aktivieren; Kapazitätsziele realistisch definieren.
3) Backup segmentieren: Online-Bedarf vs. Aufbewahrung trennen; Tape dort einsetzen, wo schnelle Verfügbarkeit nicht nötig ist.
4) Infrastruktur heben: DC-Verteilung evaluieren, Direktkühlung/Hochtemperaturkühlung samt Abwärmenutzung planen – besonders bei Neubauten.
Fazit
Die grössten Stromsparhebel im Rechenzentrum liegen in der IT-Architektur. Wer Auslastung erhöht, Flash und Datenreduktion kombiniert und Tape intelligent einbindet, halbiert oft den IT-Energiebedarf – und macht Kühlung sowie Stromumwandlung automatisch schlanker. DC-Verteilung und Direktkühlung verstärken den Effekt. Am Ende zählt ein Gesamtentwurf, der Leistung, Kosten und Effizienz gemeinsam optimiert.